Widerstand gegen Präsidentin Bachellet eskaliert in Valparaiso

Die Rede von Michelle Bachellet am 21. Mai zur Lage der Nation vor der Nationalversammlung wurden von harten Zusammenstößen auf den Straßen von Valparaiso begleitet. Der sogenannte Kongress tagt in der kleinen Weltkulturerbe Stadt weil der Staat in Santiago den Druck der Straße fürchtet. Diese jährliche Demonstration endet fast immer mit Krawallen.
Die Demonstration wurde von Schüler*innen und Studierenden genutzt, um nach der gewaltsamen Auflösung der Bildungsproteste vor einem Monat ( Video) ihre Wut zu zeigen. Widerstand gegen Präsidentin Bachellet eskaliert in Valparaiso weiterlesen

Disturbios in Barcelona nach Räumung

Die „Enteignete Bank“, besetztes soziales Zentrum im Viertel Gracia von Barcelona, wurde am 23. Mai von den Bullen geräumt. Acht Stunden benötigten die Bullen um mit Trennschleifern und anderem Gerät, die letzten Leute aus dem verbarrikadierten Gebäude zu holen.

Am Abend formierte sich eine Demonstration mit 2000 Menschen gegen diesen Angriff und zerstörte auf ihrem Weg einige Scheiben von Banken. Disturbios in Barcelona nach Räumung weiterlesen

17 Fragen an Johhny

Um die gegenwärtigen Proteste in Frankreich zu verstehen und dabei auch noch den einen oder anderen Hinweis zur Lösung eigener Probleme (Bewegungslosigkeit, keine Massenmilitanz, Unfähigkeit gegenüber Nazi Aufmärschen) zu erlangen, sind wir nicht auf die Massenmedien angewiesen (die den Konflikt kleinreden) weil es eine Quelle vor Ort gibt.
Deshalb also 17 Fragen an Johhny zur Entwicklung einer Revolte. Vielleicht könnte bereits einiges aus Nebensätzen und Verweisen auf französische Artikel herausgelesen werden, bleibt manches noch unklar.

Antworten sind selbstverständlich nur soweit erwünscht, wie sie keine vor den Behörden geheimhaltungsbedürftigen Infos weiter geben.

In Anbetracht der oft kaum einschätzbaren Mobilisierungsbereitschaft bestimmter Interessengruppen oder Spektren von Aktivist*innen, wie ist es den Leuten, die Anfang März zu den ersten Schüler*innen Demos und Besetzungen aufgerufen haben, gelungen den Zeitpunkt und die Bereitschaft richtig einzuschätzen?
Waren das Pläne, die schon länger vorbereitet wurden, sind diese Strukturen einfach richtig präsent an den Schulen und Unis oder war der Aufbruch total spontan? Gab es im Vorfeld Anzeichen für das Entstehen dieser Dynamiken oder sind alle davon völlig überrascht worden?

Aus welchen Quellen informieren sich die Leute hauptsächlich über Treffpunkte und Aktionen, eher über Twitter, Facebook oder Mund-zu-Mund Propaganda, oder Blogs?

Wer trifft die Entscheidungen zu Aktionstagen oder Beteiligung an Gewerkschaftsdemos und wie werden solche Entscheidungen getroffen?
In Anbetracht der bekannten Problematik schnelle Entscheidungen zu treffen, müssten ja einige Menschen ohne Pause in Plenas sitzen. Gibt es Delegierten Treffen verschiedener Gruppen oder geht alles von einem kleinen Kern aus?
Oder werden einfach Termine verkündet weil eine hohe Beteiligung sicher erscheint?
Jedenfalls scheint den Strukturen, die dort aktiv werden eine Legitimation zugesprochen zu werden, die in Deutschland nicht besetzt ist, wenn wir die Beteiligung an Schulstreiks oder Aktivitäten gegen Nazi Demonstrationen sehen.

Wodurch können sich spontan wilde Demos, auch in kleineren Städten, entwickeln? Durch eine weniger ausgeprägte Vereinzelung als in Deutschland?
Wodurch wird eine Rekuperation dieser Jugendbewegung durch Bewegungsmanager oder IL – ähnliche Gruppen verhindert?

Im Vergleich zur Revolte in den Banlieues 2005, warum bekommen die Bullen das jetzt nicht in den Griff?
Damals haben Leute mit einer gewissen Erfahrung in ihren eigenen Vierteln die Bullen angegriffen und konnten sich aber nach der Verhängung des Ausnahmezustands nicht mehr lange halten, warum wirken die Bullen jetzt so unbeholfen?

Haben die Auseinandersetzungen um ZAD oder Calais in den letzten Jahren die praktischen Fähigkeiten von radikalen Individuen oder Gruppen so voran gebracht, dass diese nun eine wichtige Funktionen bei den Zusammenstössen mit den Bullen einnehmen?
Oder spielen autonome/ anarchistische Strukturen dabei keine große Rolle weil alle Beteiligten sich sofort die nötigen Widerstandstechniken aneignen?

Wird ein Diskurs geführt (und wenn ja wie?) über die Akzeptanz von Gewalt, den Umgang mit Ordnern der Gewerkschaft?
Oder ist Gewalt gegen Bullen, Sachen oder Ordner so weit legitimiert, dass sie nicht besonders gerechtfertigt werden muss? Im Vergleich auch wieder zu „Aktionskonsensen“ in Deutschland.

Wenn wir die Symbolik bei den aktuellen Protesten betrachten, z.B. Sprühereien, Texte, Transpis… ist eine anarchistische Perspektive bei einigen Teilnehmer*innen vorhanden, im Gegensatz zur Revolte von 2005, aber welche Rolle spielt das?
Sind viele nur aus Frust dabei, um ihre eigene Situation zu verbessern und wie wird das in den Aufstands orientierten Zirkeln reflektiert, (über die kurzen Bekenner*innen Schreiben hinaus)?

Und Antworten:

Die Sache ist die, dass ich diese Fragen nicht beantworten kann, da meine Perspektive auch eine von aussen ist, ich nicht Teil dieser Bewegung bin, ich mir auch nicht anmaßen möchte, für diese Bewegung zu sprechen. Ich übrigen finde ich die Art der Fragen auch eher „technischer“ Natur.

Die Erfahrung zeigt doch immer wieder, dass Bewegungen nicht voraussehbar, geschweige denn planbar wären. Was auf jeden Fall zu beobachten ist, ist, dass viele der Akteure sehr jung sind, nicht umsonst hat sich der „antagonistische Block“ im Laufe der letzten Monaten zumindestens in Paris aus den Schülerdemos heraus entwickelt. Und ich persönlich finde das auch gut so, weil jede neue Generation von Revoltierenden auch ein Stück weit mit dem „Erbe“ der politischen Generation vor ihr brechen muss, „ihr eigenes Ding“ machen muss, um nicht zu einem ideologischen Wurmfortsatz zu werden.

Dass bestimmte Taktiken und Mittel übernommen werden ist ja nicht ungewöhnlich, kürzlich hatte sich ja sogar in Ägypten ein „black bloc“ gebildet und sich dann nach kurzer Zeit selbst wieder abgeschafft. Und dass wunderschöne an solchen Zeiten wie jetzt in Frankreich ist ja auch die Vielfältigkeit, dass Bunte, nicht Einheitliche. Und die Klammer ist (jedenfalls aus meiner Sicht) eben nicht eine hermeneutische Weltsicht oder die Zugehörigkeit zu irgendeiner Szene oder einem Milieu, sondern der Wille konkret zusammen zu kommen. Und da ist es dann kein Problem, mal eben einige hundert oder auch weniger Leute zu finden und mit denen mal loszuziehen.

Und eben auch die Begeisterung, das Feuer, die Bereitschaft auch Risiko, aufs Ganze zu gehen. Ich finde es nämlich bezeichnend, dass in der BRD ständig über „die Repression“ lamentiert wird und sich Leute sogar darüber aufregen, dass Turnschuhe nicht verpixelt werden, real aber in den letzten Jahren kaum ein/e „weiße/r“ Linke/r letztendlich im Knast gelandet ist. Das ist nämlich für mich auch einer der grossen Unterschiede: In der BRD wollen alle beim Event dabei sein, aber eben als Erlebnispublikum und wenn es dann ernst wird, sind es immer nur wenige der aberhunderten black- bloc-Gestylten, die wirklich was machen, riskieren. In Frankreich ziehen die Schüler mal einfach los, wenn es gut läuft, kassiert ein Bullenrevier Steine, wenn es schlecht läuft, bekommen sie selber auf die Fresse.

Und jenseits dieser ganzen „inneren Logik“ handelt es sich natürlich auch um eine soziale Bewegung, die weit über das antagonistische Spektrum hinaus reicht. In der BRD soll es ja so etwas ja auch mal gegeben haben mit Hausbesetzer- und Anti-AKW- Bewegung, hört mensch so…. Und die Sache mit den Plenas….Kann mich erinnern, dass das Unsichtbare Komitee sich damit auch beschäftigt hat und konsterniert hat, dass in aufständischen Zeiten Plenas eher daran hindern zur Sache zu kommen… Sollte mensch mal darüber nachdenken, die berühmtem Barriikadentage der Hafenstrasse sollen ja auch just in dem Moment angefangen haben, als im Zelt gerade das Plena tagte. Nur so….

1. Mai in Paris

Irgendwann fangen die Dinge an, sich zu verselbstständigen. Dann ist es nicht mehr eine Frage der politischen Perspektive, des Kräfteverhältnisses, der theoretischen Analyse. Dann geht es nur noch um ganz praktische Fragen, nur noch darum, sich in der Zuspitzung behaupten zu können. Mensch mag dies bedauerlich finden oder gar verurteilen, es spielt keine Rolle mehr, die Situation schafft sich ihre eigenen Gesetze. Viele Bewegungen haben diese Momente erlebt, einige sind daran gewachsen, andere daran gescheitert.

Es waren einige zehntausend am 1. Mai in Paris, die an der Demonstration zum ersten Mai teilgenommen haben. Gewerkschaftler, K-Grüppler, Syndikalisten, Anarchist*innen, aber auch viele, die sonst nicht am 1. Mai auf die Strasse gehen. 1. Mai in Paris weiterlesen

Paris im (Tränengas)Nebel

Der Aktionstag am 28. April zeigte wohl im wesentlichen zwei Tendenzen auf: Es gelingt der Bewegung gegen das neue Arbeitsrecht nicht, das soziale Terrain auszuweiten. Und die Zusammenstösse mit dem Sicherheitsapparat nehmen an Intensität zu. Entsprechend gab es zahlreiche verletzte Demonstranten, darunter einige schwer Verletzte (in Rennes verlor ein Mensch ein Auge), sowie landesweit über 200 Festnahmen. Aber auch bei den Bullen gab es etliche Verletzte, die Angaben von 74 Verletzten bei den Bereitschaftsbullen dürften keine Propaganda sein. Die Gewerkschaften sprechen von einer halben Million Menschen auf den Strassen, die Behörden von 170.000. Der französische Innenminister forderte dann heute auch prompt, die Gewerkschaften müssten sich deutlich von der „Gewaltmachern“ distanzieren. Der Umfang der Arbeitsniederlegungen hielt sich wie zu erwarten sehr in Grenzen.

In Paris waren es mehrere zehntausend Menschen, die Angaben der Veranstalter und der Bullen liegen wie immer weit auseinander, die an der nachmittaglichen Demo teilnahmen. Von einer Demo im eigentlichen Sinne konnte zumindestens zeitweise eigentlich keine Rede sein, sowohl während der Demo als auch am Platz der Abschlusskundgebung kam es zu heftigsten Zusammenstössen mit den Bullen, die über drei Stunden andauerten, dabei wurde die Demo gesplittet und so zogen zwei Demozüge zum Platz der Nation. Dem folgten dann in der Nacht noch Auseinandersetzungen am Platz der Republik (Nuit Debout), wo Menschen versuchten, den Platz auch über Nacht gegen die Bullen zu behaupten.

Erst nach langen Kämpfen und dem massiven Einsatz von Tränengas gelang es den Bullen, den Platz gegen 02:00 Uhr zu räumen. Paris im (Tränengas)Nebel weiterlesen

L’autonomie, ou rien – Dieser Tage in Frankreich

Noch mehr geklaute Frankreich Berichte, damit sie nicht so schnell im Müll der Online Archive verschwinden:

Es sind schwierige Tage, diese Tage in Frankreich. Der Bewegung ist es nicht gelungen, sich über sich hinaus zu vermassen, sie bleibt in ihrem Konkon gefangen, sich ihrer Begrenzung bewusst, aber nicht in der Lage, diesen Zustand zu überwinden. Und nein, wir erleben keinen neuen Mai 68, diese Analogie greift ins Leere, schadet nur, weil dieser übermächtige Schatten, diese Projektion, nur Lähmung generiert.

Wir erleben auch keinen heissen Sommer wie 2006, als alle wichtigen Universitäten des Landes besetzt waren und die Bewegung an den Schulen nicht wie zur Zeit auf lokal aufflackernde Epizentren begrenzt war. Trotzdem ist es nicht zu gering zu schätzen, was sich seit Anfang März zugetragen hat. Die letzten Jahre lieferten schliesslich ganz andere Schlagzeilen und gesellschaftliche Entwicklungen. Der Terror der Islamisten mitten in Paris, die homophobe Bewegung 2015, die bis zu einer halben Million Menschen mobilisieren konnte, ein Front National, der in den Umfragen und Lokalwahlen immer weiter zulegen konnte und deren Vorsitzende sich anschickte, 2017 zur französischen Präsidenten gewählt zu werden. Nein, es ist wirklich nicht gering zu schätzen, was diese neue soziale Bewegung für die gesellschaftliche Entwicklung bedeutet, die sich nur noch in Richtung Alptraum zu entwickeln schien. Einen Alptraum, der ja nicht auf Frankreich begrenzt ist, sondern sich in den letzten Jahren wie ein Krebsgeschwür durch Europa frass. L’autonomie, ou rien – Dieser Tage in Frankreich weiterlesen

Athen – Erklärung zum Angriff auf Exarchia Polizeistation am 14. April 2016

Ein Video aus Athen über den Widerstand gegen Bullen und Drogenmafia, die dazu erschienene Erklärung haben wir übersetzt:

Auf dem Exarchia Square verkauft der Staat, so wie überall, Drogen als Teil seiner Strategie zur Kontrolle, Entfremdung, Unterwerfung, Verelendung und letztendlich zur Auslöschung des jungen Proletariats, als auch als Produkt der Realisation enormen ökonomischen Gewinns für den Staat selbst und seine Angestellten, Bullen und Richter, sowie für das Verkaufsnetzwerk, welches von verschiedenen Behörden kontrolliert wird. Athen – Erklärung zum Angriff auf Exarchia Polizeistation am 14. April 2016 weiterlesen

Auf den Strassen Frankreichs am 14. und 16. April

Ein neuer Aktionstag der Schüler_innen und Student_innen in Frankreicham 14. April. Bereits im Verlauf der Woche kam es zu neuen Blockaden an den Schulen und spontanen, wilden Demos (manif sauvage), nicht nur in Paris.

So gab es am Montag-und Dienstagabend jeweils spontane Demos vom Platz der Republik aus, am Dienstag zogen um die 500 Schüler_innen am Mittag kreuz und durch Paris, 300 Student_innen versuchten in Solidarität mit den Kämpfen der Eisenbahnern einen für den Nahverkehr von Paris wichtigen Bahnhof zu blockieren. Auf den Strassen Frankreichs am 14. und 16. April weiterlesen