Oft haben wir in den letzten Jahren hoffnungsvolle Bilder aus Barcelona gesehen, wie folgende am 14. November 2012.
Natürlich ist damit immer auch Repression verbunden, wobei es für uns keinen Unterschied macht, ob „Schuldige“ oder „Unschuldige“ davon betroffen sind.
Wir dokumentieren hier eine Mitteilung der Beschuldigten der Operation Pandora 2.0 die sich auf „freiem“ Fuß befinden:
Am vergangenen Mittwoch dem 28. wurden neun Personen im Verlauf einer neuen Antiterror-Operation festgenommen. Diese wurde von der Informationsabteilung der Mossos d’Esquadra in Konnivenz mit dem Gericht Nummer drei der Audiencia Nacional orchestriert. Nach der Hausdurchsuchung-Plünderung unserer Wohnungen, sowie des Ateneo Libertario de Sants, wurden wir in unterschiedliche Bullenwachen rund um Barcelona gebracht.
Am nächsten Tag wurden wir der Guardia Civil überreicht um uns nach Madrid zu überführen. Zu der Mittagszeit am Freitag wurden wir dem Richter Juan Pablo Gonzalez vorgeführt, welcher die Freiheit für zwei von uns anordnete, der Eintritt in den Knast für sechs von uns wurde mit der Bezahlung der Kaution ausweichbar, ein Gefährte sitzt in Soto del Real.
Die Gemeinschaft der Verhafteten die sich jetzt auf „freien“ Fuß befinden wollen eine Reihe von Reflexionen und politischen Positionen öffentlich machen: Die generische Anklage für die neun von uns ist „Mitgliedschaft einer kriminellen Organisation mit terroristischen Zielen“ zu sein. Im konkreten Fall werden wir beschuldigt Teil der Strukturen der „GAC-FAI-FRI“ zu sein und wie es bekannt ist handelt es sich hier um ein künstliches Konzept was von den Bullen konstruiert wurde. Es soll eine Verbindung zwischen diesen Gruppen konstruiert werden, mit der Absicht diese zu vermischen, zwischen der Koordination von Gruppen (GAC) und der „Unterschrift“ welche Weltweit von einigen Gruppen verwendet wird um sich für Sabotageaktionen zu bekennen (FAI-FRI).
Der Aufbau dieses Organisations-Rahmens ermöglicht den Bullen alle repressiven Ressourcen welches das Antiterror-Apparat zur Verfügung stellt: Ausnahmegerichte, größere juristische Unsicherheit, viel längere und härtere Urteile für die GefährtInnen die für gewisse Aktionen verurteilt werden, Verhaftungen in Isohaft, besondere Haftvollzüge, persönliche Beziehungen wie Freundschaft/Genossenschaft werden als Verbrechen konzipiert, mediale Verstärkung, soziale Stigmatisierung, etc.
Ohne sagen zu müssen das während dem ganzen Ablauf der Festnahme -vom Moment an als unsere Häuser heimgesucht und geplündert wurden bis wir dem Richter vorgeführt wurden- wir niemals wussten weswegen wir beschuldigt wurden.
Mit der Verbindung der Namen GAC-FAI-FRI haben die Bullen ein Netz entworfen mit dem sie potenziell alles Fischen können was sich innerhalb des anarchistischen und anti-autoritären Milieus bewegt. Im Kontext dieser neuen Organisations-Rahmens bedeutet es wenn an Debatten/Diskussionen teilgenommen wird, an Versammlungen teilgenommen wird, gefangene GefährtInnen besucht oder ganz einfach nur Kontakt mit einer Person hat die Mitglied einer Organisation ist, gilt dies als Indiz um auf der schwarzen Liste zu sein. Es ist dieser diffuse und weitläufige Charakter welches der Antiterrorismusstrategie wirkliche Kraft gibt: nach jeder repressiven Welle werden jene die sich mit den Verhafteten solidarisieren als Mitglieder der Organisation empfunden und werden nachher auch festgenommen und dies geschieht dann auch Sukzessiv. Das Konzept der terroristischen Organisation ist so durchdacht um es uneingeschränkt erweitern zu können. Vielleicht mit der Perspektive das ab irgendeinem Moment das Umfeld welches als gefährlich gilt endlich aufgrund der repressiven Dynamik isoliert und erstickt werden könnte. Oder das die Unfähigkeit dieses Umfeldes um politisch weiter handeln zu können so abgenommen hat, das es sich daher nicht mehr lohnt weiter drauf zuschlagen.
Die Tatsache das diese neue Operation die eigenen Aussagen der Mossos widerspricht (sie behaupteten das die GAC-FAI-FRI Sektion von Barcelona zerschlagen worden sei) überrascht uns nicht, da die terroristische Organisation durch das eigene Handeln der Bullen aufgebaut, modifiziert und erweitert wird, und nicht andersrum. Der „Kampf gegen den Terrorismus“ erschafft Terrorismus, sowie gleichermaßen es die Gesetze sind die Verbrechen erschaffen.
Der Versuch die Existenz einer terroristischen anarchistischen Organisation festzulegen, bedeutet daher einen qualitativen Sprung der repressiven Strategie gegen die Kämpfe, ein Sprung welcher von niemandem unbeachtet bleiben sollte und was auch eine tiefe Auseinandersetzung innerhalb der Bewegungen verlangt.
Wir zeigen auf die Conselleria d’Interior de la Generalitat (Amt des Innensenats der katalanischen Regierung) und vor allem auf die Comissaria General d’Informació del CME (Abteilung der katalanischen Geheimpolizei für Ermittlung) als direkte Verantwortliche auf diesen letzten repressiven Schlag. Die Versuche die Verantwortung von sich zu schieben das die Mossos d’Esquadra nur Befehle aus Madrid folgen ist eine feige und schäbige Tendenz um von ihrer Verantwortung und Beteiligung in dieser Operation von sich zu schieben. Denn es waren ja diese die es bis im kleinsten Detail geplant haben, was von der Audiencia Nacional bewilligt wurde.
In diesem Sinne, kann gesehen werden wie die Generalitat de Catalunya (katalanische Regierung) katalanische Jugendliche an Gerichte, Gefängnisse und repressiven Bullen – Nachfolger des spanischen Frankismus- aushändigt. Dies bietet ein klares Bild auf welches die realen Grundlagen des sogenannten „Souveränitätsprozesses1“ sind, dies beweist das Perverse der befreiende Rhetorik mit welchen es sich umgibt. Was wahr ist, ist das vor einiger Zeit die katalanische Regierung das Milieu sämtlicher AnarchistInnen und Anti-autoritäre als einen Feind der zu bekämpfen ist identifiziert hat. Die Operation Pandora hat kein weiteres Ziel als dieses. Nicht aufgrund seiner abstrakten Ideen wird auf dem Anarchismus eingeschlagen, sondern aufgrund was es mal war und in der Praxis ist oder sein kann: eine Minderheit von Revolutionären die nicht daran zweifeln dieses System, wie deren herrschende und korrupte Fundamente, die Stirn zu bieten. Um Menschen die sie umgeben zur Rebellion zu ermuntern und gegen die Wege der politischen Integration des liberalen demokratischen Kapitalismus Widerstand zu leisten.
Während dem letzten Zyklus von Kämpfen, welcher von der globalen Finanzkrise und der Austeritätspolitik ernährt wurde und voll auf den Schultern der Ausgebeuteten getragen wurde, hat sich in Catalunya ein Terrain des Protestes eröffnet. Besonders die Rolle der Revolutionäre hat dem neoliberalen Projekt der Generalität gestört.
Mit all unseren Grenzen, Fehlern und Widersprüchen, haben wir während der letzten Jahre gegen die Angriffe auf unsere Lebensbedingungen gekämpft (Lohnarbeit, Wohnungswesen, Gesundheitswesen, etc.). Wir haben eine Analyse der Krise gemacht die zeigt dass das Problem nicht irgendwelche Bereiche dieses Systems sind, sondern das System an sich. Wir haben Räume und Netze erschaffen um unsere Probleme und Notwendigkeiten mittels der Solidarität und Gegenseitigen Hilfe zu lösen. Sowie autonome Strukturen als Gegensatz zu den Institutionen und deren karitativen und paternalistischen Dynamiken. Mit tausenden haben wir in der Verteidigung unserer Interessen als ArbeiterInnen in Streiks gestärkt welche die Städte zum leuchten gebracht haben. Wir haben Barrikaden gegen die Zerstörung unserer sozialen Zentren in den Bezirken errichtet. Wir sind auf die Straße gegangen um gegen die Ermordung von Frauen zu protestieren. Um die Ausbeutung von Frauen in der Reproduktionsfrage sichtbar zu machen. Auch gegen die Arbeit von Pfaffen und ungehorsam gegen die Anti-Abtreibungsgesetze welche versuchen unsere Körper und Leben zu kontrollieren. Wir haben die Stille rund um die Gewalt und Ermordungen anhand von Bullen gebrochen. Sowie bei der rassistischen Verfolgung, der Abschiebemaschinerie, die CIE’s (Abschiebegefängnisse), den Gefängnissen und wir haben niemals aufgehört auf die Verantwortlichen unseres Elend zu zeigen: Die Staaten, den Arbeitgeberverbänden und den lokalen und internationalen Finanzeliten.
All dies ist was wir sind, all dies ist was sie zerstören wollen. Das politische Ziel dieser repressiven Wellen ist nicht anderes als Angst und Entmutigung zu verbreiten um domestizierte soziale Bewegungen zu errichten. Die dann der Ungehorsamkeit abgeneigt sind und nicht wissen wie mit den Spielregeln zu brechen sei welche die Macht aufzwingt um sich selbst zu verewigen. Daher die Repression gegenüber AnarchistInnen, KommunistInnen, SeparatistInnen, Streikende vom 29m, Angeklagte bei der Räumung von Can Vies, Angeklagte bei der Aktion „Stoppen wir das Parlament“… Das System versucht uns nicht wegen unserer Schuld zu verurteilen. Sondern es will seine eigene Unschuld beweisen: es will sich selbst freisprechen, mittels der Delegitimierung, Isolierung und Neutralisierung an all jener die ihn Anklagen und ihm die Stirn bieten.
Die solidarische Antwort auf unsere Verhaftungen zeigt uns das unsere Feinde immer noch fern von ihren Zielen sind. Wir wollen uns für jede Form von Solidarität die in den letzten Tagen stattgefunden haben bedanken und sie als willkommen begrüßen. Die Demonstrationen, die Kundgebungen, die Aktionen, die Gesten der MittäterInnenschaft und Zuneigung, die finanziellen Beiträge, … Die enorme Unterstützung die wir erhalten haben hat einen unschätzbaren Wert für uns. Einen Wert welches diese harten Momente wett macht und sie so klein wirken lässt das sie uns schon lächerlich vorkommen. Wir glauben nicht an ihre Gesetze, weder an die Garantien welche diese uns anbieten: unsere eigene Verteidigung, unsere eigene Garantie ist die solidarische Antwort auf der Straße. Die massive Unterstützungsdemonstration die ihr uns vorgeführt habt und die für unsere verhafteten Geschwistern in den vorherigen Operationen stattgefunden haben ist ein offensichtlicher Beweis für das Scheitern der Antiterror-Strategie die mit der Verbreitung der Angst versucht uns zu isolieren.
Jetzt sind wir auf „freien“ Fuß, aber nur zum teil. Ein Teil von uns, Quique, ist immer noch eingesperrt im Knast von Soto del Real. Daher soll die Solidarität nicht anhalten, sondern sie soll sich vervielfältigen. Wir machen einen Aufruf um den Kampf für seine Freilassung auf der Straße zu intensivieren. Das alle GefährtInnen ihm mindestens einen Brief schreiben und mit viel Kraft jeden Aufruf um ihn zu unterstützten folgen, genauso wie das alle aufmerksam auf alle Infos und Ersuchungen aus den Gruppen von denen er teil ist sind: Accio Llibertària de Sants (Libertäre Aktion von Sants) und vom Sindicato de Oficios Varios de la CNT-AIT aus Barcelona. Auf gar keinen Fall wollen wir ihn alleine lassen, weder ihn noch Monica oder Francisco oder all die anderen gefangenen GefährtInnen. Weder Verhaftungen, Prozesse noch Gefängnisse werden unsere Solidarität oder politische Verpflichtung brechen. Für uns sind die dreckigen Zellen wo wir die letzten Tage eingesperrt waren würdigere Plätze als die luxuriösen Büros wo das Elend von allen verwaltet wird.
KEIN SCHRITT ZURÜCK!
DER KAMPF IST DER EINIZGE WEG!
Von den Angeklagten der letzten Phase der Operation Pandora die auf freien Fuß sind
1A. d. Ü., Projekt der katalanischen Bourgeoisie um sich von Spanien abzuspalten.