Übernommen von Linksunten:
Berlins Innensenator Henkel hat heute erneut bekräftigt, das Camp der Flüchtlinge auf dem Oranienplatz in Kreuzberg ab dem 18. Januar räumen zu wollen. Da eine Räumung an einem Wochende eher unwahrscheinlich ist, wird die Räumung voraussichtlich am 20. oder 21. Januar stattfinden.
Das Camp sollte bereits am 24.November durch die Bullen geräumt werden, die grüne Bezirsbürgermeisterin Herrmann hatte dazu die Amtshilfe der Bullen angefordert, die außer mit einem Vorraustrupp auch mit Einheiten der Einsatzhundertschaften im Hintergrund dafür bereit standen. Monika Herrmann redete sich hinterher damit heraus, das sie nur die “technische Einheit” der Bullen angefordert habe, die “so etwas wie das “Technische Hilfswerk sei”. Dieser Bullshit liess sich aber nicht wirklich verkaufen. Nachdem die Räumung des Platzes durch eine grössere Menge, die sich spontan versammelt hatte, verhindert wurde, bekam noch das Parteibüro der Grünen etwas Farbe ab, mit der Besetzung des Kreuzberger Rathauses anlässlich der Bezirksverordnetenversammlung wurde ein politischer Druck aufgebaut, der den Bezirk dazu zwang, das Camp in seiner jetzigen Form vorerst weiter zu dulden.
Genüsslich lehnen sich nun Herrmann und die Grünen zurück, weil ihnen die Berliner Innenverwaltung nun die Drecksarbeit abnimmt. Nachdem Henkel dem Bezirk eine Frist bis zum 18. Dezember gesetzt hatte, selber den Platz zu räumen, wird nun unter dem völlig schwachsinnigen Verweis auf die “Grünflächenverordnung” die endgültige Räumung des Platzes in Angriff genommen.Im Kern geht es dabei um das Unsichtbarmachen der Kämpfe der Flüchtlinge. Seit nun schon fast genau zwei Jahren lassen sich die Refugees nicht mehr mit kleinen Zugeständnissen abspeisen. Mit Protestmärschen quer durch die BRD bis nach Berlin, unzähligen Platzbesetzungen, Hungerstreiks, Demos, … kämpfen sie gegen ihre Abschiebung, rassistische Angriffe und die unwürdigen Lebensbedingungen, denen sie in der Lagergesellschaft unterworfen sind. Mehrmals wurden sie dabei von den Bullen massiv angegriffen, etliche kämpfende Flüchtlinge festgenommen. Protestaktionen wie in München wurden mit einem Grossaufgebot der Bullen geräumt, im letzten Winter war die Protestaktion am Brandenburger Tor das Ziel massiver Repression. Trotz klirrender Kälte wurden den Flüchtlingen unter Einsatz massiver Gewalt Isomatten, Nässeschutz und Schlafsäcke von den Bullen entwendet.
Das tagtägliche Sterben an den EU Aussengrenzen geht unterdessen weiter. Nach dem Tod von über 300 Menschen im Oktober vor Lampedusa folgten Sonntagsreden von Gauck bis zum Papst, während die Frontex Mission im Rahmen des EUROSUR Überwachungssystems weiter ausgebaut wird. Europäische Grenzschutzbullen sind mittlerweile in einigen nordafrikanischen Staaten stationiert, um die EU Aussengrenzen bis in den afrikanischen Kontinent vorzuverlagern, während z.B. libysche Soldaten auf italienischen Kriegsschiffen mitfahren, die zur Flüchtlingsbekämpfung eingesetzt werden. Die Bekämpfung der Flüchtlingsströme sind auch das Thema eines “Fachforums” auf dem Bullenkongress am 18.und 19. Februar 2014 in Berlin, in Potsdam wird das deutsche Koordinierungszentrum im Rahmen von EUROSUR im Lage- und Führungsdienst des Bundespolizeipräsidiums eingerichtet.
Wir gegen uns keinerlei Illusionen hin: Die angekündigte Räumung des Camps am Oranienplatz wird praktisch nicht verhindert werden können. Was bleibt, ist die Zeit zu nutzen, um politischen Druck aufzubauen und sich praktisch auf die Tage rund um den Räumungstermin vorzubereiten. Wir gehen davon aus, dass die Bullen am Tag der Räumung mit einem Grossaufgebot in Kreuzberg 36 präsent sein werden. Eine Verteidigung des Platzes über rein symbolische Aktionen hinaus wird nicht möglich sein. Erstens, um Menschen mit einem unsicheren Aufenthaltstatus nicht zu gefährden, zweitens, weil dies angesichts der Anzahl der eingesetzten Bullen schlicht nicht möglich sein wird.
Allerdings wird es möglich sein, schon im Vorfeld der Räumung, also voraussichtlich am Wochenende 18./19. Januar, mit spontanen Demos, kreativen und militanten Flashmobs die Bullen gewaltig zu stressen. Gleiches gilt für den Tag der Räumung selbst. Dabei muss das Aktionsgebiet unbedingt über 36 hinaus ausgeweitet werden. Die Bullen haben über Jahrzehnte ihre Abläufe in 36 perfektioniert. Zwar war es in den letzten Monaten möglich, bei spontanen Mobilisierungen auch in 36 für Überraschungen zu sorgen, dies wird aber bei der Anzahl der eingesetzten Bullen, die sich auch noch akribisch auf Eventualitäten rund um die O-Platzräumung vorbereiten können, nur schwierig möglich sein. Wie effektiv sie mittlerweile eine grössere Menge in 36 schnell unter Kontrolle bringen können, hat u.a die unangemeldete Demo gegen den Bullenkongress in diesem Jahr in Kreuzberg gezeigt.
Denkbar sind aus unserer Sicht also Aktionen in den angrenzenden Stadtteilen, beonders geeignet erscheint uns dafür der Gräfekiez mit seinen engen Strassen, bzw. die Gegend rund um Sonnenallee und Karl Marx Strasse mit etlichen Banken und Handelsketten, sowie vielen kleinen Querstrassen und dunklen Plätzen, um sich zu sammeln. Auch ist hier keine grosse Zusammenarbeit von AnwohnerInnnen mit den Bullen zu erwarten. Wenn sich darüber hinaus Gruppen und Zusammenhänge Aktionen im restlichen Stadtgebiet, insbesondere in der westlichen, bzw. östlichen Innenstadt zutrauen, umso besser. Da wir davon ausgehen, dass in den Tagen rund um den Räumungstermin die meisten Leute gut vernetzt und vorbereitet sein werden, schlagen wir vor, mögliche Sammlungsorte, zu denen nicht abgeschottet mobilisert wird, erst relativ kurzfristig bekannt zu geben, um den Bullen weniger Zeit zu geben, sich auf die Situation vorort vorzubereiten.
Wenn ihr an Spontandemos teilnehmt: Bleibt möglichst viel in Bewegung. Wenn es zu Bullenabsperrungen kommt, wechselt die Richtung, umfliesst die Bullen, wenn es möglich ist. Die Demozüge können sich ruhig teilen, wenn kein Durchbrechen möglich ist und sich später wieder zusammenfinden. Dies hat in den letzten Monaten in Berlin ganz gut geklappt. Wenn die Bullen Leute festnehmen und keine Befreiungsaktionen mehr möglich sind, reicht es völlig, wenn einige Leute sich um die Situation kümmern. Zu häufig gelingt es den Bullen, mit etwas repressiven Vorgehen die Dynamik auszubremsen.
Diese Gedanken und Anregungen verstehen sind nicht in Konkurrenz zu anderen Überlegungen für den Tag der Räumung des Camps am Oranienplatz. Wir geben nichts vor, wir organisieren nichts für Euch – Ihr seid selber gefragt. Wenn ihr nicht aus Berlin kommt und am Wochenende rund um den voraussichtlichen Räumungstermin Zeit habt, kommt nach Berlin. Wenn nicht, organisiert in euren Städten Solidaritätsaktionen – in welcher Form auch immer ihr für angemessen haltet. Unterstützt den Kampf der Refugees weiter – eine mögliche Räumung des O-Platzes ist nicht das Ende – bei aller Symbolik, für die das Camp steht und der der angekündigte Angriff der Schweine gilt.
Autonome aus Berlin