Ein kleines Areal in Berlin Kreuzberg ist zur Schreckensvision in Medienberichten und dem Bewußtsein einiger AnwohnerInnen mutiert und steht ganz Oben in der Sicherheitsdoktrin von Bullen und Senat.
Der Görlitzer Park entstand aus den Resten eines alten Bahnhofs, Ende der 80er Jahre war er am 1.Mai ein heißes Pflaster für die Bullen. Grass und Shit wird hier seit längerem vertickt aber was seit sechs Jahren passiert, ist der Albtraum der deutschen Mittelschicht.
Menschen aus afrikanischen Ländern stehen Tag und Nacht im Park und verkaufen an KreuzbergInnen und TouristInnen Grass. Die Dealer sind organisiert mit Meldesystem und manchmal wehren sie sich gegen Bullenangriffe. Bei den Dealern stehen auch Leute, die nix mit dem Geschäft zu tun haben und der Görli ist Aufenthaltsraum und Wegstrecke von vielen Menschen, die nicht deutsch aussehen.
Jedes Jahr im Frühling startet eine Medienkampagne gegen diese unterschiedlichen Gruppen, wobei alle als „afrikanische Dealer“ dargestellt werden, die auch für Raubüberfälle verantwortlich gemacht werden.
Tatsächlich ist der Görli einer der wenigen verbliebenen Orte, an dem die Durchsetzungsfähigkeit des Rechtsstaats und seiner Law and Order BürgerInnen nicht vollständig ist. Immer wieder zeigen sich Lücken in den Überwachungsmöglichkeiten der Berliner Polizei und die Zustimmung zu ihren Maßnahmen ist nicht so hoch, wie sie sich das wünschen. Eine Reportage gibt einen Überblick:
http://www.youtube.com/watch?v=TYI6crMoX38
Was die Situation im Görli so interessant macht, ist die Möglichkeit das Wechselspiel von Medienhetze, RassistInnen und staatlichem Handeln zu studieren. Die Menschen, die hier ins Visier geraten, beweisen ein hohes Maß an Durchsetzungsfähigkeit, Improvisationsvermögen und sozialer Kommunikation; sonst hätten sie kaum den Weg aus ihren Krisenregionen über das Mittelmeer, vorbei an Frontex, griechischen und italienischen Abschiebelagern bis nach Berlin gefunden, wo sie in einer absolut feindlichen Umgebung einen kollektiven Überlebenskampf führen.
Diese Tatsache lässt Typen wie Henkel, seine kleinen Bullen, die Schreiberlinge der Berliner Presse und zugezogene Spießer vor Wut fast platzen, existiert in ihren Köpfen doch nur eine Rolle für Menschen aus Afrika:
Herero Aufstand 1904
Die Bullen bereiten ihre Einsätze im Park akribisch vor, manchmal tauchen sie verkleidet als BSR Mitarbeiter auf, oft sind sie mit Fahrrädern oder als Punks und Hippies getarnt. Damit schüren sie das Mißtrauen der afrikanischen Menschen gegen alle anderen Leute; diese verdächtigen schnell harmlose Passanten als Zivi. Wie aus dem Video hervorgeht, bleiben oft einsame Bullenfahrzeuge unbeaufsichtigt oder nur mit einem Fahrer in der Umgebung des Görli stehen, wenn die Menschenjagd beginnt. Hier kann mit einfachen Mitteln Sand ins Getriebe gestreut werden.
Nicht zu unterschätzen sind zahlreiche OrdnungsbürgerInnen, die um den Park herum wohnen oder Geschäfte betreiben. Diese Spitzel und DenunziantInnen sind von einer Herrenmenschenmentalität, die sie jeden Regelverstoß mit dem Handy dokumentieren lässt und sie haben auch spezielle Nummern der Bullen, wo sie Hinweise geben. Einige von diesen Leuten sind durch ihren Geltungsdrang gegenüber der Presse leicht identifizierbar.
Der Görlitzer Park befindet sich in einer strategischen Lage, an seinen Rändern stehen bei grösseren Lagen oft die Bullenreserven in Bereitschaft. Auf dem Weg von und nach Treptow und Neukölln dient er Fußgängern und Radfahrern als Abkürzung. Wer nicht in den umliegenden Bars konsumieren kann oder will, hält sich hier auf. Mit der Besetzung der Schule in der Ohlauer Straße hat sich das Interesse der Bullen für diese Gebiet weiter erhöht.
Eine ähnliche Kampagne wie gegen den Görli wurde bereits vor Jahren gegen die Hasenheide gefahren. Hier verstiegen sich die Bullen zu der Behauptung, das Trommler die Dealer warnen würden. Momentan ist die Aufmerksamkeit bezüglich der Hasenheide gesunken, völlig vergessen ist inzwischen der Mauerpark als Problemzone. Vor zehn Jahren wurde hier nach dem selben Muster aufgeräumt und befriedet.
Der Kampf gegen Rassismus und für einen lebenswerten Kiez kann im Görli eine symbolische Zuspitzung erfahren, wenn die Auseinandersetzung dort endlich die gebührende Aufmerksamkeit findet.