Vor 10 Jahren starben zwei Menschen am gleichen Tag im Polizeigewahrsam,
Laye-Alama Condé, ertrunken im Polizeigewahrsam Bremen.
Oury Jalloh, verbrannt im Polizeigewahrsam Dessau.
Wir trauern, wir gedenken der Umstände und sind bereit weiter zu kämpfen.
Oury Jalloh starb in einer Zelle in Dessau. An seinem letzten Tag, dem 7. Januar 2005, wurde er von Polizisten festgenommen, verschleppt, eingesperrt, gefoltert und schließlich in Ketten gelegt verbrannt.
Seit diesem Tag kämpfen seine Angehörigen, Freunde und viele Andere gegen die Lüge vom Selbstmord, welche die Mörder mit Hilfe ihrer Vorgesetzten verbreiten wollten. In Gerichtsprozessen, die bis 2014 andauerten, und ebenso langwierigen Kampagnen musste das Offensichtliche für die deutsche Öffentlichkeit erst verwertbar gemacht werden. Es ist gelungen, dass auch die unkritischsten Medien nicht mehr auslassen können, dass neben der Selbstmordthese noch die „theoretische“ Möglichkeit besteht, dass deutsche Polizisten aus rassistischen Motiven morden. Die aufgedeckten Lügen und Vertuschungsversuche der Politiker, Staatsanwälte, Richter und Polizisten haben dazu geführt, dass sich in neuen Teilen der Gesellschaft Zweifel am Rechtssystem breit gemacht haben.
Zehn Jahre sind aber eine lange Zeit. Mehr Menschen als zuvor sind in diesen Jahren mit dem Bewusstsein aufgewachsen, dass rassistische Einstellungen und Mordlust zur Polizei einfach dazugehören. Die Fälle von Laya Alama Condé, der am selben Tag wie Oury Jalloh an den Folgen rassistischer Polizeigewalt starb, Dennis J, Slieman Hamade, Christy Schwundek und so viele mehr kamen dazu. Die Erinnerung an die meisten von ihnen beginnt bereits wieder zu verblassen, obwohl sich noch nichts geändert hat. Heute wird uns anders, wenn wir an all die Namen, die Prozesse und die immer wieder neu aufflammende Wut denken. Wir haben Angst abzustumpfen. Und wir haben Angst vor dem nächsten Mord und vor unserer Unfähigkeit, angemessen damit umzugehen.
Hinzu kommt die tägliche Praxis der Abschiebemaschinerie, die rassistischen Kontrollen, an denen wir untätig vorbeigehen müssen, die Angriffe auf die Refugeebewegung, die einen politischen Kampf organisiert. Wie in einem Strategiespiel erproben die Herrschenden die wirkungsvollste Taktik, auf jeden Angriff einen Neuen folgen zu lassen. Es ist wie ein Krieg. Wir sollen keine Gelegenheit haben, aus der Defensive zu kommen und eigene Pläne zu entwickeln.
Bis zum zehnten Todestag von Oury Jalloh und Laye-Alama Condé sind es jetzt noch vier Monate, in denen wir etwas vorbereiten könnten. Zehn Jahre, in denen sich wirklich garnichts geändert hat, müssen ein Anlass zu einer Abrechnung sein.
Es wird dazu eingeladen, in der nächsten Zeit Überlegungen zu veröffentlichen, ob der Jahrestag auf breite Beine gestellt werden kann und wie dieser Jahrestag aussehen sollte.