Graffito und Gedanken

übernommen von linksunten:

Ein Graffito und ein paar Gedanken für militante und andere.

Wir haben uns Gedanken über die Äußerungen unserer unbekannten Gefährt_innen der „militanten Musiker_innen“ (mM) (1) gemacht. Dies kann als eine (ausgeweitete) Reaktion auf ihre Gedanken gelesen werden und wurde mit einem Graffito schlechter Qualität verschönert.

Das Graffito enthält: „Probleme erfassen und greifbar machen sowie militant angehen“
Dazu kommt noch ein Roter Stern, dass A im Kreis und das „Symbol“ der CCF. (2)
Weshalb wir uns für diese Symbole entschieden, erläutern wir später.

Zuerst einmal sind wir dankbar für die Resonanz die unsere Aktionen bei (mM) erzeugt haben. Dankbar sind wir weiterhin für die diversen Übersetzungen und die Verbreitung unserer theoretischen Ausführungen zu unseren Aktionen.

Den Text der AaB (3) können wir, besonders was den Teil der Präsenz auf der Straße angeht, zustimmen. Seit etlichen Jahren ist eine zunehmende Verdrängung von ihr zu beobachten, deren Ursachen in viele Aspekte aufgegliedert werden können. Wir wollen es jedoch bei den Schlagwörtern der verbesserten Bullenstrategien, geringe Personenanzahl sowie wenig Eigeninitiative (auf unserer Seite) und allgemeine Tendenzen des Kapitalismus (a), belassen.
Wir sehen die Tendenzen, die sich gegen jede Art von antagonistischem Protest richten. Tendenzen die aus Protesten Gewinn und Erfahrung schlagen, wohl wissend, dass das kommende beides bitter nötig machen könnte. Diese Tendenzen der Aufstandsbekämpfung finden sich überall auf der Welt in, wie wir meinen, zunehmendem Ausmaß. Das eigentliche Problem daran ist 1. die Akzeptanz mit der dies geschieht und 2. das immer wieder darauf hereingefallen wird.

„Es geht hier nicht darum, Befriedung zu verharmlosen oder gar Friedfertigkeit zu fordern. Es geht darum, dass es uns ankotzt, wie eine völlig engstirnige Inszenierung von „Rebellion“ die Entwicklung von Ideen verhindert, die eine wirklich rebellische Praxis bedeuten könnten. So wird Tag für das Tag das gleiche Stück aufgeführt, anstatt dass wir das Theater verlassen und in der Kantine in Ruhe und gleichzeitig äußerst aufgeregt darüber nachdenken, was unsere Köpfe zu denken und zu tun in der Lage wären, wenn wir ihnen mal diese ewige Kapuzenpulligewissensberuhigungspille verweigern würden.“ (4)

Das Verlassen einer bestimmten autonomen Identität, hin zu einer Individualität und Kollektivität die sich nicht von vergangenen Zeiten ernährt (b), könnte ein Teil eines Prozesses sein, der aus der Nische führt. Fehlende Durchsetzungskraft auf der Straße kann darin begründet liegen, dass eben ein Verlassen der Identität nicht passiert. Menschen die durch die Verhältnisse zu leiden haben, werden nicht oder kaum „mitgenommen“.
Gleichzeitig ist die Fixierung auf „Riot“ ohne Widerhall, da den Bullenstrategien im derzeitigen Zustand in den meisten Situationen nichts entgegenzusetzen ist. Solange diese Fixierung identitätsstiftend ist, wird sich aufgrund der wiederkehrenden Enttäuschung keine Zugkraft entwickeln lassen.
Wie sehr das Ritual inzwischen eingespielt ist, zeigte sich auch bei der AntiRepDemo: Die Bullen und Medien waren regelrecht enttäuscht über den ausbleibenden Krawall.
Antagonistische Proteste und Widerstand benötigen Affinität die sich auch mit bisher „unbekannten“ verbindet. Affinität bedeutet gleichsam eine enge Verbindung in der verschiedene Positionen ausgetauscht werden können. Hinter erreichte emanzipatorische Standpunkte zurückzufallen ist keineswegs eine zwangsläufige Konsequenz, da Affinität die üblichen oberflächlichen Beziehungsformen durchbricht und dadurch in der Lage ist, das Gegenüber tatsächlich zu verstehen und verstanden zu werden.

„Unser Ziel ist es, zu einer Bewegung beizutragen, die sich über möglichst alle wichtigen politischen und sozialen Themen informiert, die dazu radikal-emanzipatorische Standpunkte entwickelt, kommuniziert und auch begründen kann, und es dann aber eben auch vermag, diese Themen und ihre VertreterINNEN in der physischen Öffentlichkeit zu halten und zu verteidigen.“ (5)

Ein Anspruch den es zu erfüllen gilt, jedoch kann Mensch sich von jeglicher Illusion in dieser Richtung befreien, wenn Mensch sich nicht selbst in Affinitätsprozessen beteiligt. (c) Eine (sinnvolle) Massenmilitanz ist ab einer gewissen Anzahl von Aktiven Menschen möglich. Wir alle Wissen wie wenig Widerstand die Bullen gewöhnt sind. Trotz das in HH am 21.12.2013 keine >wirklicheist ZustandanstoßenVorschläge< machen, welche nicht immer "innovativ" sein werden. Einen "Prominentenstatus" möchten wir ebenfalls von uns weisen.
Der im Vorwort der Prisma formulierte Kritikpunkt an "festen Namen" (Wegdelegieren von nötiger Aktion a la "die werden schon was tun") können wir (zu unserem Bedauern) schon ganz praktisch kontern, in dem wir auf eine Stille im Bezug auf die (fast)Räumung der Schule verweisen.

Mit der Entscheidung eines festen Namens, ein Projekt welches wir jederzeit beenden können wenn wir das für richtig/notwendig erachten, können wir auch mit den immer gleichen Rechtschreibfehlern und Wiederholungen leben. Vor den Textermittler_innen des BKA/LKA brauchen wir uns deshalb nicht zu verbergen. Ihr Fachidiotentum teilen sie mit dem Rest all ihrer Kollegen, welche sich ihre eigenen Indizien zurechtlegen, auch wenn es auf Biegen und Brechen nicht passt, um am Ende zuzuschlagen. Ein Paradebeispiel kann in den Intensiven Ermittlungen gegen die (mg) gesehen werden. Nach etlichen Jahren fällt ihnen nichts (besseres) ein, als einen bewaffneten Überfall auf die Familie von Andre Holm (und anderen) zu organisieren.
Wir teilen die Idee, dass wir als Anarchist_innen (und andere Theorien!) nicht wegen unserer Taten (hier: militante Aktionen) gefährlich sind (f), sondern, dass unsere Ideen gefährlich sind, ihre Ausbreitung.
Betreffend den Ermittlungen gegen militante Aktionen, ein paar Beispiele:
Trotz 100.000 Euro Belohnung wurde das Hekla-Empfangskomitee (10) noch immer nicht ermittelt. Trotz eines (angeblichen) Hinweises (es folgte Hausdurchsuchung) auf den Angriff auf eine Bullenwache (11), ist auch da nichts passiert.
Es erscheint uns auch so, als ob die Ermittlergruppe "Fahrrad" und "Gruppenwagen" so recht nicht weiterkommen.
Wichtig ist uns zu betonen und da stimmen wir unseren unbekannten Gefährt_innen der (mM) voll zu, dass Sicherheit der wichtigste Faktor ist. Die eben angerissenen Schlappen der Bullen/BKA/LKA wären ohne dieses "Mantra" so nicht möglich. Wir danken den (mM) für den Wink und werden uns, insbesondere in anbetracht dessen, dass inzwischen das BKA gegen uns ermittelt, um Sicherheit weitere Gedanken machen.
Einen Punkt den wir ebenfalls sehr sympathisch und herzlich fanden, war die Empfehlung sich nicht unter Druck setzen zu lassen. Als Gruppe, die sich zur internationalen und lokalen Solidarität äußert, kann es durchaus zu einem Druck durch "Zugzwang" kommen. Dieser kann entstehen, wenn wenigstens zu den repressionsfällen im Ausland etwas passieren sollte. Leider kommt es uns so vor, als ob dies beinahe wöchentlich der Fall wäre.

In diesem sinne: für mehr Begleitmusik und vielleicht auch mal das ein oder andere eigene Konzert!
Grüße an unsere militanten Musiker_innen

Gruppo Informale

Links
(1) https://linksunten.indymedia.org/en/node/118297
(2) https://en.wikipedia.org/wiki/Conspiracy_of_Fire_Nuclei#mediaviewer/File…
(3) https://linksunten.indymedia.org/de/node/118362
(4) https://linksunten.indymedia.org/en/node/79996
(5) https://linksunten.indymedia.org/de/node/102828
(6) https://linksunten.indymedia.org/node/113946
(7) https://linksunten.indymedia.org/en/node/68710
(8) http://325.nostate.net/library/escalation1.pdf (Some Notes on Insurrectionary Anarchism-Part 7)
(9)
https://mirror.so36.net/home.arcor.de/dokumentationX/texte/debatte_20050…
(10) https://linksunten.indymedia.org/en/node/48377
(11) https://linksunten.indymedia.org/en/node/37517 ::: https://linksunten.indymedia.org/en/node/64061

Fußnoten
(a)
Allgemeine Tendenzen beschreibt hier, dass sich immer weiter zuspitzende Zeitregime, welches durch verschiedene Mechanismen „die Zeit“ in immer kleinere Stücken einteilt. „Zeit ist Geld.“ heißt es und in einer Informationsgesellschaft die Kapital durch die Geschwindigkeit des Informationsflusses schlägt, verkürzen sich die Abstände zur nächsten Information auf Millisekunden. Was im Aktiensektor bestimmend ist, wirkt sich (abgeschwächt) auf einzelne Subjekte aus. Die Möglichkeiten der Individuen wenn sie in den Kapitalmetropolen leben, waren wohl nie so groß und gleichzeitig wohl nie so auf (Selbst)Verwertung beschränkt. Eben diese Selbstverwertung ist es, die die Zeit zum Innehalten, zum Nachdenken nimmt.

Der Ausschluss von immer größer werden teilen der Gesellschaft, aus der an festen Lohn gebundenen Verwertung, zwingt immer mehr in Geldnot, die mit jedwelchen Tätigkeiten beseitigt werden muss. Dies führt zu einem noch tiefer greifenden Ausbeutungszyklus, der Kraft und Zeit raubt und somit die Beschäftigung und Beteiligung an Theorie und Praxis einer befreiten Gesellschaft verhindert.

(b)
Das soll natürlich nicht heißen, dass wir als linke Bewegung vergangene Kämpfe ignorieren. Ganz im Gegenteil.

(c)
Dieser „Aufruf“ gilt natürlich nicht für die Verfasser_innen des zitierten Textes, schließlich haben sie bereits die richtigen Schritte unternommen.

(d)
Die Anzahl militanter Aktionen im Zusammenhang mit der AntiRepDemo im Vergleich zu kreativen (im weitesten sinne) Aktionen sorgte nicht gerade für einen leichten Anschluss an die Demo von Seiten „normaler Leute“ oder „gemäßigten linken“. Repression als „ureigenes Thema“ militanter Gruppen kann nicht als Ausrede durchgehen um das erwähnte Missverhältnis zu akzeptieren. Was das angeht müssen sich alle an die eigene Nase fassen. Freude hat uns die Theateraktion am Kotti gemacht um mal ein Beispiel zu nennen, was wir meinen.

(e)
Siehe zum Beispiel unsere Erklärung zum Molliangriff in der Storkower Straße auf die Bullen als wir den Missstand der Steuergeldverwendung erwähnten.
Die moralische Empörung über die Rüstungsinvestitionen der Santander Bank (siehe Aktionserklärung) können ebenfalls in diesem Kontext gesehen werden.
Auf der anderen Seite sind solch „bürgerliche Andeutungen“ manchmal vielleicht nicht schlecht, inzwischen nimmt (linker) Mensch einfach zu viel hin.

(f)
Wir könnten uns militante Aktionen auch sparen, wenn nicht gleichzeitig gelten würde: Worte ohne Taten sind leere Worte.