Am frühen Morgen des 26. Januar hat eine bewaffnete Beweis- und Festnahme Einheit (BFE) eine linke Wohngemeinschaft in Hamburg gestürmt. Die Wohnungstür wurde gewaltsam mit einer Ramme aufgebrochen und die Bewohner_innen mit vorgehaltenen Waffen und viel Gebrüll aus den Betten gezerrt. Eine halbe Stunde lang wurden die Bewohner_innen in ihren Zimmern voneinander isoliert und mussten dabei z.T. mit erhobenen Händen an der Wand stehen. Ein Durchsuchungsbefehl wurde erst vorgelegt als Beamte des Staatsschutzes auftauchten. Angeblich suchten die Bullen nach Beweisen im Zusammenhang mit der Hausbesetzung in der Breiten Straße im August 2014.
Nach einer im Vergleich zur brutalen Erstürmung der Wohnung überraschend oberflächlichen Durchsuchung, die einzig mit der Beschlagnahme eines Rechners endete, zogen die Bullen wieder ab. Festgenommen wurde niemand.
Einer der Bewohner_innen der WG ist in einem gesonderten Verfahren beschuldigt, an der Besetzung der Breiten Straße beteiligt gewesen und damit eine von den Bullen gesuchte angebliche siebte Person zu sein. Das Verfahren gegen ihn wurde zu einem frühen Zeitpunkt von dem großen Breite Straßen Verfahren abgetrennt, weil sowohl dem Staatsschutz als auch der Staatsanwaltschaft die Beweislage zu dünn war. Eine ganze Zeit lang sah es so aus, als wenn das Verfahren gegen ihn im Nichts enden würde.
Staatsschutz unter Zugzwang
Unserer Einschätzung nach ist die Intensivierung der Ermittlung in dem abgetrennten Verfahren auch ein Ergebnis der Entwicklung im laufenden Prozess wegen der Besetzung gegen 6 Beschuldigte. Der leitende Beamte des Staatsschutzes Richters wurde im Prozess schon mehrfach als Zeuge gehört und hat dabei ein erdenklich jämmerliches Bild abgegeben. Tatsächliche Ermittlungen hat es eigentlich gar nicht gegeben, Akten wurden unvollständig geführt, viele Fakten des Ermittlungskomplexes waren ihm angeblich gar nicht bekannt. Zu weiterführenden Ermittlungsergebnissen wollte Herr Richters nichts sagen und hat sich immer wieder hinter einer beschränkten Aussagegenehmigung seines Vorgesetzen versteckt. Diese für den Staatsschutz alltägliche Strategie hat selbst den reaktionären Vorsitzenden Richter Halbach empört, der jetzt den Zeugen zwingen wollte, zu bestimmten Komplexen auszusagen, die sich auch auf das abgetrennte Verfahren beziehen.
Die zum Zeitpunkt der Durchsuchung 2 wöchige Unterbrechung des Prozesses hat der Staatsschutz genutzt, um hektische Ermittlungsaktivitäten zu starten, die schließlich in der militärischen Erstürmung der WG gipfelten. Das deutliche Ziel war, neue vermeintliche Ergebnisse präsentieren zu können, wenn das LKA im Prozess gezwungen sein würde, die Karten auf den Tisch zu legen.
Neue Maßstäbe
Ganz offensichtlich setzen die Bullen auf Konfrontation und eskalierten bewusst die Situation. Diese Erkenntnis zieht sich schon durch die ganze Geschichte des Breite Straßen Verfahrens. Die Räumung des Hauses, bei der gezielt die Auseinandersetzung gesucht wurde, die lange U-Haft von Beschuldigten und der Vorwurf des versuchten Totschlages gehören genauso dazu, wie jetzt die Stürmung der Wohnung unter dem fadenscheinigen Vorwand nach 1 1/2 Jahren Beweismittel finden zu wollen. Die brutale Erstürmung mit Maschinenpistolen mit Laserzielgeräten , Klettergerät und aufgerammten Türen gehört jetzt wieder wie in den 80er und 90er Jahren zum Repertoire der Bullen bei Angriffen auf linke Bewegungen. Diese militärische Gewalt hat als erstes Ziel einzuschüchtern und abzuschrecken. Die Botschaft der Durchsuchung hat sich nur an linke Strukturen gerichtet. Die Bullen haben von dieser Aktion nichts nach außen dringen lassen, es gab keine Pressemitteilung oder Informationen an Journalisten.
Ein zweites Ziel des Staatsschutzes ist es wie immer nach solchen Aktionen Informationen abzuschöpfen, wer mit wem telefoniert, sich trifft und in Hektik verfällt. Nach der Durchsuchungswelle im Sommer 2007 hat ein BKA-Bulle offenherzig verkündet: „Wir haben mal auf den Busch geklopft und kucken, was sich bewegt.“ Genau das gleiche wird auch hier ein strategisches Ziel gewesen sein.
Hamburger Polizei gestaltet den Sicherheitsstaat
Schon seit Jahren ist es ein offenes Geheimnis, dass die Bullen in Hamburg schon lange eine eigenständige politische Macht jenseits politischer oder gerichtlicher Kontrolle ist. Das Hamburger Polizeigesetz ist ein Ermächtigungsgesetz für die Bullen vollkommen eigenständig nach polizeilichen und eigenen politischen Erwägungen zu agieren. Spätestens mit der Errichtung des Gefahrengebietes 2013 / 2014 ist genau diese Situation deutlich geworden, als Innensenator Neumann zugeben musste, dass er die Entscheidung der Polizeiführung nur noch abgenickt hat.
In einer solchen, sich zuspitzenden gesellschaftlichen Situation wie heute und spätestens durch die Diskussion nach Silvester ist die Polizei nicht nur in Hamburg völlig von allen Schranken befreit. Jede Bewegung, die vermeintlich oder tatsächlich den verordneten Sicherheitsinteressen entgegensteht wird mit allen Mitteln angegriffen. Andauernde rassistische Kontrollen, eine eskalierende Bullenpräsenz in ‚Problemvierteln‘, das militärische Verhindern von Demonstrationen und Kundgebungen sind genauso Teil dieser Situation wie die Brutalität der Hausdurchsuchung.
Während Nazis ungehindert Flüchtlingsunterkünfte anstecken und hunderte Haftbefehle gegen Faschisten nicht vollstreckt werden sind polizeiliche Angriffe gegen emanzipative Bewegungen auf der Agenda der Bullen und Geheimdienste ganz nach oben gerückt.
……Innensenator Grothe
Ja ja und es gibt einen neuen Innensenator. Und dann noch einen, den die Bullen so gar nicht mögen und auch nicht wollen. Der larmoyante Kiezbewohner, mit allen befreundet und ach so engagiert ist Chef eines völlig frei agierenden Polizeiapparates geworden. Die Bullen haben schon bei seiner Ernennung ‚Friss oder stirb‘ gerufen. Wieder wird ein Senator von den Bullen vor sich hergetrieben, bis er politisch alles mitmacht oder den Weg aller Innensenatoren vor ihm geht. Pech, lieber Andy !! Nun bist du niemandes Freund mehr.
Die Konfrontation voranbringen
Für linke Bewegungen kann es jetzt nur darum gehen sich eben nicht einschüchtern zu lassen, diese Angriffe zurückzuschlagen und sich laut, offensiv und militant in gesellschaftliche Auseinandersetzun-gen einzumischen. Hausbesetzungen bleiben trotz einer sich verschärfenden Situation eine Option. Sie sind ein Zeichen auch jenseits von „Szene“, dass eigenständige Raumnahme möglich ist. Um uns herum knirscht es im Gebälk der Gesellschaft, die Situation für viele wird immer beschissener. Um so wichtiger nicht den Kopf in den beliebten Sand zu stecken sondern praktische Perspektiven zu entwickeln und auf die Straße zu bringen.
Repression funktioniert, wenn wir uns vereinzeln lassen. Gemeinsam und kollektiv setzen wir ihnen unseren Kampf entgegen.
Autonome Gruppen
Grüße an alle Untergetauchten. Liebe und Kraft