Pegida in Frankfurt – Ein Rück- und Ausblick

Der nachfolgende Artikel soll einen Überblick über die bisherigen Aufmärsche von Pegida Frankfurt bzw. der Nachfolgetruppe „Freie Bürger für Deutschland“ sowie einen Ausblick zu weiteren Naziaktivitäten in Frankfurt bieten. Dazu werden alle bisherigen Ereignisse chronologisch aufgezählt, anschließend folgt ein Ausblick.
Die ersten Pegidaaktivitäten in FFM gab es am 4. Januar 2015 mit einem Orgatreffen der Gruppierung „Fragida“. Allein gegen dieses Orgatreffen mit AfD und NPD gab es eine Gegendemonstration mit 400 Teilnehmer*innen [!]. Die Nazitruppe musste den Ort des Treffens wechseln, da einer der Organisatoren Sicherheitsbedenken wegen der Gegendemo hatte. Die Nazitruppe wurde auch schnell in der eilig gewählten Ersatzbar aufgespürt, ein paar Böller flogen rein, und das Treffen war ziemlich schnell mit Polizeischutz beendet. Unter diesem Eindruck hat Fragida noch vor dem ersten Aufmarsch aufgegeben.


https://www.youtube.com/watch?v=W8WNcl8d9fI

Am 10. Januar 2015 wollten dann die Freien Wähler den Terroranschlag in Paris benutzen, um ihre rassistische Kackscheiße in Frankfurt auf die Straße zu bringen.

Auch daraus wurde nichts – Die etwa 40 Rassist*innen wurden von 300 Antifaschist*innen eingekreist. Der Pseudotrauermarsch hielt dann eine Kundgebung, in der sich im Wesentlichen der örtliche Freie Wähler-Chef Wolfgang Hübner beschwerte, ihm würde sein Recht auf Meinungsfreiheit genommen. Danach löste sich das Trüppchen auf.

Am 26. Januar 2015 traf sich dann „Pegida Frankfurt-Rhein Main“ unter der Führung der fundamentalistischen Christin Heidi Mund zum ersten Mal. Bei diesem Aufmarsch war auch der hessische NPD-Vorsitzende Stefan Jagsch vor Ort, der später fernblieb, weil Heidi Mund ihm „zu links“ [sic] ist. Der erste Aufmarschversuch von Pegida wurde von mehreren Besonderheiten begleitet. So handelt es sich vermutlich um einen der ersten größeren Einsätze des neuen Bullenpräsidenten Gerhard Bereswill. Weiter erklärten die Bullen bereits im Vorfeld das sie mit Ausschreitungen rechnen würden. Zum zweiten hatte das bürgerlich geprägte „Römerbergbündnis“ bereits vor der Ankündigung des Pegida-Aufmarschs zu einer Anti-Pegida-Kundgebung auf dem Römer aufgerufen. Dieses Setting ist aus mehreren Gründen interessant. Einerseits waren durch die Kundgebung auf dem Römer bereits zehntausend Menschen in der Stadt, und in Laufreichweite zum Kundgebungsort der Rechten. Gleichzeitig zeigte sich wieder der reaktionäre Charakter von relevanten Teilen des Römerbergbündnisses, dessen Hauptzweck in der Bindung möglichst großer Menschenmengen an unsinnigen Orten zum Bratwurstessen zu sein scheint. Aus diesem Spektrum wurde dann auch dankenswerter Weise dazu aufgerufen nach dem Ende der Kundgebung die Blockaden an der Hauptwache zu verstärken oder zu mindestens direkt dorthin zu gehen. Dies führte dann auch gegen 18-19 Uhr zu einer nochmal deutlichen Verstärkung von Blockaden und Unübersichtlichkeit für die Bullen.

Der Antifaschistische Protest welcher vergleichsweise spontan zustande kam, äußerte sich auf vielfältige Art und Weise. Brandeten die ersten Antifas noch an der erstbesten Stelle gegen die Hamburger Gitter, um immerhin die übrigen Demonstrierenden ebenfalls zu selbigen zu motivieren, so wurde relativ schnell versucht die Zufahrtswege zu blockieren. Insbesondere am Hauptzugang, zwischen sog. E-Kinos und Kathrinenkirche fehlte hier leider einige Entschlossenheit von potentiellen Nachrücker*innen. So gelangten lediglich 20-40 Blockierer*innen in die Zufahrt und eine Art Kessel. Dieser wurde durch die Bullen (es waren noch gar keine wirklichen Nazis da, welche auf die Kundgebung wollten) weggedrängt und geprügelt, um anschließend die Übriggebliebenen in der hinten gelegenen Passage massiv mit Schlägen und Kampfgas an zu greifen. Hierauf wurde dann mit Böllern und Stühlen reagiert.

Später musste sich die Bullen jedoch der relativen Masse der Protestierenden um die ganze Hauptwache beugen und es kam zu verschiedensten Blockadepunkten an denen Anreisende Pegida Leute abgewiesen wurden. Ohne zu übertreiben kann man sagen das sicherlich 30-50% der Kundgebungswilligen nicht ihr Ziel erreichten oder vorher aufgaben. In der Umgebung kam es zu diversen Auseinandersetzungen welche die Bullen nicht direkt unter Kontrolle bringen konnten. Hierbei kam es auch mehrfach zu Steinwürfen und dem erzwungenen Rückzug von Bullen. Durchgängig wurde die Nazikundgebung massiv gestört mit allem Verfügbaren, wobei allerdings Eier rein zahlentechnisch mit Abstand das Mittel der Wahl schienen (im Übrigen vom Militanzlevel her hervorragend gegen Fragida geeignet – so beteiligen sich mittlerweile die unterschiedlichsten Leute). Sehr gut zu sehen ist, dass sich an der massenhaften Aktionsform des Eierwerfens viele Leute beteiligen. Und bei weitem nicht nur die klassischen Antifas, sondern tatsächlich eine Art Querschnitt der Leute, welche die Scheiße nicht einfach akzeptieren wollen. Das ist zu begrüßen. Uneinig sind wir uns darin wie einerseits die Sicherheit der Teilnehmenden besser geschützt werden könnte. Ist doch gerade die niedrigschwellige Art und angepasste Militanz genau richtig und es würden viel weniger Leute sich beteiligen wenn es nicht eine Selbstverständlichkeit wäre.

Gegen Ende waren etwa 12.000 Menschen bei der bürgerlichen Kundgebung und 4.500 bei den Blockaden.

Trotz des Debakels wollte Heidi am 2. Februar wiederkommen. An diesem Tag waren die Absperrungen deutlich größer und es gab mehr Bullen, die auch deutlich gewalttätiger gegenüber Antifaschist*innen waren. Im Laufe der Auseinandersetzungen kam es zu einigen Verletzten und Festnahmen. Insgesamt konnten weniger Pegida-Leute vom Erreichen des Kundgebungsortes abgehalten werden. Erneut kam es zu massiven Störungen der Kundgebung, neben massenweise Eiern flog auch wieder sonstiger Kram. Die PARTEI beamte mit einem Beamer das Antifalogo auf die Fassade der Kirche, vor der sich die Nazis trafen. Danke!

Der südliche Blockadepunkt bewegte sich nach dem Ende der Kundgebung auf die Zeil, holte Leute an der Hauptwache ab und lief als Spontandemo in Richtung Konstablerwache. Diese wurde 10 Meter vor der Konsti durch die Bullen gestoppt, wobei es wieder mehrere Verletzte gab, mindestens eine Person musste ins Krankenhaus. Das Ganze machte gar keinen wirklichen Sinn, nach einer halben Stunde Schubserei ging die Demo einfach wieder zurück über die Zeil zur Hauptwache.

Am 9. Februar war der Naziaufmarsch von einer noch größeren Absperrung gekennzeichnet. Im übrigen nahmen allein die abgeparkten Bulleneinheiten alle anderen großen Plätze der Frankfurter Innenstadt in Beschlag: Stolze, Pauls und Goetheplatz sowie Willy-Brand-Platz waren allesamt mit dem Fuhrpark zugestellt. Im Vorfeld hatte Heidi Mund angekündigt, dass man dieses Mal auf jeden Fall einen Aufmarsch durchsetzten will. Durch die nochmals vergrößerte Absperrung wurde die Demonstration auf die Hauptwache zwischen dem Café/Hauptwache-Aufgang und den Absperrgittern gedrängt. Dadurch standen die Leute deutlich massiver und es es kam zu keiner effektiven Durchmischungstaktik seitens der Bullen. Hierdurch konnten wieder im großen Stil Eier und ähnliches geworfen werden. Größere Blockaden oder ähnliches kamen nicht zustande, dennoch reichte das Bedrohungsszenario um keinen Aufmarsch zu versuchen. Insgesamt beteiligten sich trotzdem weit über 1000 Menschen an den Gegenaktionen. Kurzzeitige Aufmerksamkeit erregten Nazis aus dem AN/NS-Spektrum welche anscheinend glaubten mit Regenschirmen für die EZB Eröffnung am 18.3 mobilisieren zu können.

Im Anschluss bewegte sich ein Teil der Leute als Sponti bis zum Opernplatz.

Am 16. Februar gönnten sich die Nazis eine Pause und so ging es am 23. Februar weiter. Dieses Mal war anfangs alles wie immer. Nazis kommen, werden mit Eiern beworfen (meiner subjektiven Einschätzung nach wurde das Gewerfe immer weniger) und die PARTEI – die das ganze ab da als Nazi-Safari beworben hat und ebendies Mitte April immernoch tut – hatte kostenlosen Glühwein und FCK AFD Sticker. Nach etwa 20 Minuten Kundgebung liefen die Nazis plötzlich einmal quer durch ihr Gehege, zu dem mittlerweile neben dem Kundgebungsplatz auch noch eine kleine Gewerbepassage deklariert wurde. Die Gegendemo ging von einem richtigen Aufmarschversuch aus und rannte durch die halbe Stadt, weil die Polizei viele Nebenstraßen abgesperrt hatte, zu dem vermuteten Naziaufmarsch, da stellte sich heraus, dass die Nazis längst wieder am ursprünglichen Kundgebungsort waren. Zurück ging es durch ein Sportgeschäft, welches am Stoltzeplatz und an der Hauptwache Ausgänge hat. Seitdem sperrt das Sportgeschäft leider jeden Montag einen der Ausgänge zu, sodass dies nicht mehr geht. In der B-Ebene der Hauptwache, die für den Naziabtransport mehr oder weniger komplett gesperrt wurde, kam es zu exzessivem Pfeffersprayeinsatz der Bullen.

Zum 2. März gibt es nicht allzuviel zu sagen. Einzige Neuerung war, dass sich Heidi den Bayern Michael Stürzenberger, Vorsitzender der islamophoben Kleinpartei „Die Freiheit“ eingeladen hat, um zu reden. Dieser sagte unter anderem, der Islam sei „eine mit dem Nationalsozialismus gleichzusetzende Ideologie“ und, dass „in unseren Schulen die Kinder zu Homosexuellen erzogen werden“. Bis auf ein paar Eier und Böller blieb es anfangs ruhig. Pfeffersprayeinsätze gab es auch wieder massig, alles in allem war aber auch die Bullengewalt weniger als sonst.

Am 9. März ging anfangs alles den üblichen Gang. Nazis kommen, hetzen, die Polizei sagt, der Naziaufmarsch sei beendet und lässt Antifaschist*innen deses Mal viel Zeit, heimzugehen, bevor die B-Ebene abgeriegelt wurde. Dann passierte, womit niemand mehr gerechnet hatte: Die Polizei sucht sich eine besonders dünn gewordene Stelle in der kleinen noch existierenden Blockade – die meisten waren schon nach Hause gegangen – und knüppelte den Nazis den Weg frei. Etwa 35 Nazis trauten sich auf den „Spaziergang“, der bis zum Willy-Brandt-Platz führen sollte. Dabei flogen sowohl aus den Reihen der Nazis als auch aus der antfaschistischen Gegendemonstration Gegenstände auf die Gegenseite. Dies zog sich bis zum Willy-Brandt-Platz, wo die Bullen die Nazis in die U-Bahn eskortierten. In den Medien wurden die Antifaschist*innen für die Gewalt alleinverantwortlich gemacht, sie seien alle Gewalttäter etc. und über verletzte Pegida-Nazis wurde extensiv berichtet, über verletzte Antifaschist*innen nur beiläufig oder gar nicht. Aufseiten Pegidas wurde eine gewisse Christine Anderson angeblich von einem Stein am Kopf verletzt, die Frau hat bei Pegida Frankfurt jetzt einen Märtyrerstatus und darf auf jeder Kundgebung sprechen.

Aufgrund dieser Vorfälle untersagte die bundesweite Pegida-Führung von Lutz Bachmann weitere Aufmärsche in Frankfurt unter dem Namen Pegida, da Pegida es nicht verantworten könne, wenn Menschen „ums Leben kommen“. Heidi Mund wollte das nicht akzeptieren und gründete ihren Ablger namens Freie Bürger für Deutschland.

Am 23. März wollten sich dann die Freien Bürger für Deutschland (FBfD) zum ersten Mal auf dem Romarkt treffen. Sowohl bei Nazis als auch bei Antifaschist*innen stieß dies nicht auf große Resonanz, sodass sich nur 37 Rechte (zuvor 60-80) und etwa 700 Antifaschist*innen (zuvor ca. 1000) am Roßmarkt trafen. Heidi verzichtete freiwillig auf einen Aufmarsch, ageblich weil sie den Bullen, die vom 18. März mitgenommen seien, etwas Ruhe gönnen wollte. Stürzi war auch wieder da und verbreitete Hetzparolen, im Kontrast zum 18. März war dieser Aufmarsch völlig militanzfrei, nicht mal ein Ei flog. Auch die Bullen hielten sich vergleichsweise zurück. Ein Teil der Gegendemo lief danach als Sponti zum Hbf, die Polizei ließ diesen panisch für etwa 20 Minuten schließen und kesselte die Leute ein, die dann schließlich doch ohne Personalienfeststellung etc. gehen durften.

Am 30. März trafen sich die Nazis dann auf dem Römerberg, wo zwei Monate vorher noch das große 12.000 Leute Bratwurstfressen gegen Rechts war. Auch hier verlief die Hetze im großen und ganze auf beiden Seiten friedlich. Die 30 Nazis standen 700 Gegendemonstrant*innen gegenüber. Nervig waren die massiven Personenkontrollen, ohne kam niemand auf den Römerberg. Lustig waren die ganzen Touristen, die Selfies mit „real german nazis“ im Hintergrund schossen. Diesmal sah es von den Absperrungen (mehrere komplett von Bullen dichtgemachte Seitenstraßen) so aus, als wollten die Nazis marschieren, das taten sie dann aber doch nicht. DIe Gegendemo lief wieder als Sponti zum Hbf.

Am 11. April wollten sich die Nazis dann zum ersten Mal an einem Samstag treffen. Ein Teil der Antifaschist*innen war zuvor auf der FreeFede Demo und kam von dort zum Roßmarkt Es erschienen handgezählt 40 Nazis (oh Wunder 10 mehr, für Heidi sind das Welten) und etwa 500 Antifaschist*innen. Michael Stürzenberger war auch wieder von der Partie und hielt eine ermüdende 40-Minuten-Rede, von der man in der Gegendemo nichts hörte, weil das Nazi-Soundsystem von 3 auf eine Box geschrumpft wurde und die Nazipferch diesmal dermaßen groß war, dass man hinten sogar bei absoluter Stille der Gegendemo nichts gehört hätte. Einige Antifaschist*innen übersprangen den Zaun, woraufhin Bullen Pfeffer in die Menge sprühten, obgleich die Mehrheit der angesprühten gar nicht über den Zaun wollten. Zu größeren Rangeleien mit Bullen kam es außerdem, als BFE-Trupps durch die Gegenkundgebungen liefen und Leute rauszogen.

Gegen Ende lief eine Sponti mit etwa 100 Teilnehmern in Richtung Polizeipräsidium, begleitet von gefühlt der selben Zahl an Wannen hinter der Demo. Da die Bullen den direkten Weg zum Polizeipräsidium versperrten, kam es zu einem Katz- und- Maus-Spiel in Seitenstraßen um so zum Polizeipräsidium zu gelangen. Dieses Spiel gewannen jedoch die Bullen, sodass sich die Gegendemo auf die Eschersheimer Ldstr. setzte, um mit der Blockade einer Hauptverkehrsachse die Bullen zum Handeln zu zwingen. Die erlaubten der Sponti schließlich, sich vors Polizeipräsidium zu setzen und auf die Freilassung der Leute zu warten die vorher festgennommen worden waren

Ein kleiner Ausblick: Heidi hat am 20. April – Hitlers Geburtstag – um 18:30 eine Kundgebung am Roßmarkt angemeldet. Auch am 20. April um 19 Uhr hat eine wahrscheinlich AfD-dominierte Gruppierung namens Pegida Frankfurt (es konnte nicht geklärt werden, ob diese Gruppe den Namen auch wirklich nutzen darf) zur Katharinenkirche eingeladen. Die beiden Standorte sind nur 100 Meter entfernt und für die Bullen wäre es wahrscheinlich organisatorisch einfacher eine große Nazipferch aufzustellen als zwei kleine. Um es mit den Worten der FR zu sagen: Die 40 Patridioten werden sich ernsthaft entscheiden müssen, wem sie ihre Anwesenheit schenken. Die PARTEI spielt derweil „Frankfurt sucht den Super-Nazi“ mit einer Abstimmung zwischen Heidi Mund und Lutz Bachmann. Man wird gespannt sein müssen, was die Zukunft bringt.