Ausnahmezustand am 6.November in Brüssel: Soziale Einschnitte und Rentenreformen trieben die BelgierInnen auf die Straße.
Mehr als 100.000 Menschen haben am Donnerstag gegen die Sparpolitik der belgischen Regierung protestiert. Geplant ist, das Rentenalter auf 67 Jahre heraufzusetzen und die automatische Anpassung der Löhne an die Inflationsrate, die sogenannte Lohnindexierung, zu kippen.
Mit ihrem gewaltsamen Protest legten die Beschäftigten aus Verwaltung und Unternehmen den Verkehr und das öffentliche Leben weitgehend lahm, die U-Bahnen fuhren nur eingeschränkt.
Um 14 Uhr kam es am Südbahnhof, dem Brüsseler Knotenpunkt für den Fernverkehr, zu schweren Ausschreitungen.
https://www.youtube.com/watch?v=ANmVC6bDb1o
HafenarbeiterInnen aus Antwerpen und Gent, MetallarbeiterInnen aus der Wallonie durchbrechen die Sperrzone, unterstützt wurden sie von Menschen aus dem antiautoritären Spektrum und erlebnisorientierten Jugendlichen.
Unfriedliche Proteste sind in Brüssel nicht ungewöhnlich, meistens richten sie sich aber in ritualisierter Form gegen Absperrungen vor dem EU Parlament. Großdemos wie am 6.November werden jedoch von den Gewerkschaften meistens friedlich gehalten, wobei Ordner auch mit der Polizei zusammenarbeiten.
Ob diese Eskalation jetzt auf eine strategische Umorientierung der Gewerkschaften zurück zuführen ist, oder ob die Führung die Kontrolle über ihre Mitglieder verloren hat, ist unklar.
Zwar distanzierten sich einige Gewerkschaftssprecher in den Medien von der Gewalt, damit müssen sie aber nicht repräsentativ für die Stimmung in den Gewerkschaften sprechen.
Zu der Aktion reisten TeilnehmerInnen aus dem ganzen Land an. In Schulen und Postämtern fehlten deshalb Mitarbeitende. Auch in anderen Landesteilen – etwa in Lüttich – blieben MitarbeiterInnen der Arbeit fern. Viele Werke mussten ihre Produktion drosseln oder vorübergehend stoppen.
https://www.youtube.com/watch?v=7418V81Fm9U
Die Gewerkschaft FGTB sprach von einem «starken Signal an die Regierung». Der Unternehmerverband der Wallonie UWE warf den Demonstranten dagegen eine «Verzerrung der Realität» vor.
Für den 15. Dezember haben die Gewerkschaften einen Generalstreik angekündigt. Dann soll ganz Belgien stillstehen.